Achtsamkeit am Arbeitsplatz: Hype oder Schlüsselkompetenz?
MINDFUL MONDAY (104) von Roland Dörig
Achtsamkeit ist eine anerkannte Methode zur Stressreduktion. Zudem verbessert Achtsamkeit die Fähigkeit zur Selbstführung, hilft uns fokussiert zu bleiben und die Zusammenarbeit menschlich und konstruktiv zu gestalten. Achtsamkeit ist mehr als ein Tool zur Selbst- und Leistungsoptimierung. Achtsamkeit ist eine innere Haltung, bei der Mitgefühl sich selber und anderen gegenüber eine zentrale Rolle spielt.
Die moderne Arbeitswelt und ihre Folgen
Die Anforderung in der heutigen Arbeitswelt haben sich im Zuge der Digitalisierung und der Globalisierung verändert. Beschleunigung, Informationsflut, Komplexität, ständiger Wandel, Unsicherheit sowie Zeit- und Kostendruck sind einige Stichworte mit denen Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermassen konfrontiert sind. Der Job-Stress-Index 2018 der Gesundheitsförderung Schweiz zeigt, dass sich jeder vierte Arbeitnehmer erschöpft und von den Anforderungen am Arbeitsplatz überfordert fühlt. Die Kosten für die Unternehmen und die Folgen für die Lebensqualität des Einzelnen sind immens. Wie wir mit neuen Formen der Arbeit umgehen und trotz hoher Arbeitsbelastung gesund und leistungsfähig bleiben können ist heute zu einer existentiellen Frage geworden.
Benefits von Achtsamkeit im Arbeitskontext
Achtsamkeit ist in aller Munde. Mittlerweile sind auch Unternehmen hellhörig geworden und implementieren Achtsamkeitstrainings als Teil ihrer betrieblichen Gesundheitsförderung. Dies hat sicherlich viel damit zu tun, dass heute wissenschaftlich gut belegt ist, dass Achtsamkeit vielfältige positive Auswirkungen hat, die sowohl den MitarbeiterInnen und auch dem Unternehmen zu Gute kommen.
Umgang mit Stress
Im Umgang mit Stress setzt Achtsamkeit auf verschiedenen Ebenen an. Zum einen hilft sie uns Situationen und äussere Umstände klarer zu sehen und Handlungsspielräume zu erkennen, die zu einer Entlastung führen können.
Die Ursache für das Erleben von negativem Stress liegt jedoch nicht nur bei den äusseren Umständen. Auch unser individueller Umgang mit den äusseren Anforderungen spielt eine wesentliche Rolle. Achtsamkeit hilft uns stressfördernde Gedankenmuster zu erkennen. Durch das Üben von Achtsamkeit lernen wir gewissermassen einen Schritt zurück zu treten und unser Denken und Fühlen zu beobachten. Dadurch gewinnen wir an Selbstbestimmung und sind unseren Gedanken und Gefühlen weniger ausgeliefert. Achtsamkeit fördert zudem unsere Selbstwahrnehmung. Wenn wir in Verbindung mit uns selber sind nehmen wir Stresssignale frühzeitig wahr und spüren unsere Grenzen. Achtsamkeit führt automatisch zu mehr Selbstfürsorge. Die negativen Auswirkungen von Stress auf Körper und Geist können so besser abgefedert werden. Achtsamkeit ist eine anerkannte und wirksame Methode zur Stressreduktion und Burnout-Prävention.
Fokus
Unsere Aufmerksamkeit ist eine wertvolle und gleichzeitig beschränkte Ressource. Angesichts der Vielschichtigkeit und der Komplexität in der heutigen Arbeitswelt ist es zentral sich konzentrieren und aufs Wesentliche fokussieren zu können. Wir müssen Wichtiges von Unwichtigem, Dringendes von weniger Dringendem unterscheiden können und lernen uns nicht von all den äusseren Reizen die auf uns einprasseln ablenken und unterbrechen zu lassen. Hierfür brauchen wir einen klaren, wachen Geist und einen bewussten Umgang mit unserer Aufmerksamkeit. Genau das sind die Qualitäten, die durch das Praktizieren von Achtsamkeit gefördert werden.
Selbstführung
Wenn wir im Stress sind wird unsere Wahrnehmung eng und unser Denken wird unflexibel. Der Autopilot übernimmt die Führung. In diesem Modus spulen wir eingeübte Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster ab. Wir handeln nicht mehr bewusst, sondern reaktiv und getrieben von Emotionen wie Angst oder Wut. Achtsamkeitstraining unterstützt uns dabei auch in stressigen Situationen nicht in Aktionismus zu verfallen, sondern Ruhe zu bewahren, situationsangemessen und kreativ zu denken und zu handeln. Achtsamkeit ist eine Schulung des Bewusstseins, das die Qualität unseres Wahrnehmens, Denkens, Fühlens und Wollens verbessert.
Co-Working
Ohne Kooperation und Kommunikation geht in der heutigen Arbeitswelt nichts mehr. Für gelingende Kooperation und Kooperation braucht es Empathie, Präsenz und das Bewusstsein für die Art und Weise, wie wir kommunizieren. Und auch hier wirkt Achtsamkeit unterstützend. Achtsam sein heisst ganz im Hier und Jetzt zu sein, im Kontakt mit sich selber und dem Gegenüber. Wenn wir unsere Bedürfnisse gegenseitig wahrnehmen, ausdrücken und achten können entsteht eine konstruktive Kultur des Verstehens und des „Miteinanders“.
Achtsamkeit: Mehr als Selbstoptimierung und Leistungssteigerung
Kritische Stimmen sagen, dass Achtsamkeit im Kontext der Arbeitswelt missbraucht wird um noch mehr aus den Menschen herauspressen zu können und damit das kranke System des ewigen Wachstums zu stützen. In der Tat kann der Grat hier teilweise schmal sein. Insgesamt kann man aber sagen, dass Menschen nach einem Achtsamkeitstraining besser auf sich selber achten und nötigenfalls auch eher das Arbeitsumfeld verlassen, wenn sie merken, dass es nicht ihren Werten entspricht und/oder schlecht für ihre Gesundheit ist. Wenn Achtsamkeit ganzheitlich vermittelt und gelebt wird ist sie definitiv viel mehr als nur ein Mittel der Selbstoptimierung und der Leistungssteigerung. Achtsamkeit ist eine innere Haltung, bei der Mitgefühl sich selber und anderen gegenüber eine zentrale Rolle spielt.
Achtsamkeit kann trainiert werden
Achtsamkeit ist eine Schlüsselkompetenz im heutigen Arbeitsleben. Sie kann und muss trainiert werden. Insbesondere die Integration in den oftmals dichten und von Routinen geprägten Arbeitsalltag ist eine Herausforderung, die Übung erfordert. MINDFULMIND hat es sich zur Aufgabe gemacht ein innovatives, praxisorientiertes und ganzheitliches Achtsamkeitstraining zu entwicklen, das explizit auf den Kontext der Arbeitswelt Bezug nimmt. Entstanden ist das 8- wöchige Achtsamkeitstraining MINDFULWORKS. Das Training beinhaltet die Kernthemen Stressreduktion, Selbstführung und Mindful Co-Working (Empathie/Mitgefühl und Achtsame Kommunikation). Neben formellen Meditationen werden auch viele praktische Übungen vermittelt, die sehr gut im Arbeitsalltag umsetzbar sind.
Der beitrag trifft den nagel auf den kopf. aus meiner sicht ist es vorallem die geschwindigkeitszunahme des technologischen fortschrittes, der uns in psychischer hinsicht zu schaffen macht. umbewusst verspüren immer mehr menschen, dass sie dieses tempo überfordert. so betrachtet, war die erste zeit des lockdowns aufgrund von c19 eine gewisse befreiung. ich hörte von allen seiten, wie befreiend und wohltuend die erzwungene langsamkeit empfunden wurde. in der achtsamkeit entkoppelt man sich der geschwindigkeit – eigentlich der zeit – eine eigenschaft, die mehr denn je gefragt ist…