MINDFUL MONDAY (109) von Reto Weishaupt

Der arbeitskulturelle Zeitsprung, in dem wir uns gerade befinden, hat uns WissensarbeiterInnen vor einem Jahr ins Home-Office und somit in eine neue Arbeitsform katapultiert. Ich komme also reichlich spät mit diesem Artikel. Dennoch finde ich, vermittelt er interessante Punkte, die uns aktuell wie auch in der Post-Covid-Zeit nützlich sind.

 

Wie uns Achtsamkeit im Home-Office unterstützt

Gemäss Jon Kabat-Zinn bedeutet Achtsamkeit auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Diese Art der Aufmerksamkeit steigert das Gewahrsein und fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren.

Sie ist vorteilhaft für unsere Arbeitsleistung wie auch für unsere Regeneration und Resilienz. Diese innere Haltung der Achtsamkeit kann uns u.a. im Home-Office in vielerlei Hinsicht unterstützen.

Es hilft, Routinen und Gewohnheiten zu Hause zu etablieren, die eine achtsame Arbeitsweise ermöglichen. Ich sehe im Sinne einer unvollständigen Auflistung die folgenden Achtsamkeitsimpulse, die unseren Home-Office-Tag konkret bereichern können:

    1. Starten
      – Ein bewusster Start in den Tag mit einer Atem-Vipassana-Meditation oder achtsamen Körperübungen verankern uns in der Gegenwart und schenken Vitalität und Energie.
      – Den kurzen Arbeitsweg von der Küche ins Arbeitszimmer als Gehmeditation nutzen schärft das Gewahrsein.
      – Das Arbeitszimmer am Morgen gut lüften hinterlässt wertvollen Sauerstoff und Frische.
    2. Arbeiten
      – Immer wieder mal innehalten und wahrnehmen, was gerade da ist in Körper und Geist, führt zu Bewusstsein im Denken und Handeln.
      – Monotasking anstatt Multitasking führt zu Konzentration und Produktivität.
      – Vor einem Online-Meeting eine Minute schweigen (alleine oder mit allen Meetingteilnehmern) kann Ruhe und Erkenntnis entstehen lassen.
      – Achtsam kommunizieren, z.B. mit Hilfe von bewussten und wertfreien Ich-Botschaften in schwierigen Gesprächen, kann Verbindung herstellen.
    3. Ruhen
      – Regelmässig Pausen machen. Nach Anspannung folgt Entspannung – ein Naturgesetz, das uns gesund hält, wenn wir es befolgen.
      – In Kaffee- und Mittagspausen achtsam trinken und essen kreiert Freude und Präsenz.
      – Gut für dich selbst sorgen. Auf nahrhaftes Essen, regelmässige Bewegung und ausreichend Schlaf achten, hilft gesund und vital zu bleiben.
    4. Loslassen
      – Das Office vom Home trennen schenkt Entspannung. Ein Spaziergang draussen lüftet den Kopf und aktiviert den Körper.
      – Ein bewusster Übergang vom Home-Office-Tag in den Feierabend mit einem kurzen stillen Innhalten und beim Körper verweilen oder den Satz ​„Ich habe mein Bestes gege­ben, ich lasse jetzt los.“ ein paar mal rezitieren. Oder eine Metta-Meditation kann Freundlichkeit und Dankbarkeit schenken.
      – Im Home-Office ist es möglich rund um die Uhr zu arbeiten, aber das widerspricht einer gesunden Selbstfürsorge. Es gibt eine Grenze für das, was du tun kannst. Schiebe den Rest auf morgen oder hole dir Unterstützung. Betrachte diese Einstellung nicht als Schwäche, sondern als Stärke.

Welche Achtsamkeitsimpulse hat du schon gehört oder bereits als eigene Routine in deinem Home-Office etabliert? Bitte hinterlasse unten einen Kommentar.

 

„It is clearly important to read and add knowledge to be an effective worker and leader.
Even more important are the mind and heart we show up with every day.“

– Matt Tenney

 

Zoom fatigue und wie du damit umgehen kannst

Home-Office heisst für die meisten auch Video-Kommunikation anstelle von Meetings. Sie ist vorteilhaft, weil sie Menschen hilft Face-to-Face in Verbindung zu bleiben und physische Wege einzusparen.

Viele Nutzer von Videokonferenzen klagen jedoch über Erschöpfung nach Online-Meetings. Es gibt bereits einen Begriff dafür: Zoom fatigue, was so viel bedeutet wie Videoanruf-Müdigkeit resp. Videokonferenz-Erschöpfung. So wie „googeln“ so etwas wie eine beliebige Websuche ist, ist der Begriff „zoomen“ allgegenwärtig geworden und ein generisches Verb, das Videokonferenzen ersetzt.

Die Psychologin Dr. Linda Kaye von der britischen Edge Hill University sagt, dass dies zum grossen Teil daran liegt, dass wir uns selbst auf dem Bildschirm sehen und den KollegInnen ein gutes Bild präsentieren wollen. „Es ist wahrscheinlich, dass dies unsere Selbstwahrnehmung auf ein höheres Niveau als gewöhnlich hebt und daher dazu führt, dass wir uns mehr um unsere Selbstpräsentation bemühen als bei persönlichen Interaktionen in der realen Welt“, erklärt sie.

Eine andere Erklärung für die Ermüdung könnte laut der Psychologin darin liegen, dass wir bei Videogesprächen nicht in der Lage sind, die übliche Bandbreite an sozialen Hinweisen und nonverbaler Kommunikation vollständig zu nutzen. Wir müssen dem Verhalten der anderen zusätzliche Aufmerksamkeit schenken, um soziale Interaktionen effektiv verfolgen zu können. Diese zusätzlichen Aufmerksamkeitsanstrengungen können mit der Zeit ermüden.

Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten Zoom fatigue zu reduzieren.

Die folgenden Tipps werden von Harvard Business Review vorgeschlagen:

    • Baue Pausen ein.
    • Halte Meetings kürzer.
    • Du musst nicht an virtuellen sozialen Treffen mit KollegInnen teilnehmen.
    • Wechsle zu einem Telefonanruf oder einer E-Mail, wenn es angebracht ist.
    • Reduziere die Reize auf dem Bildschirm – versuche, dich selbst aus dem Blickfeld zu nehmen.

Und Professor Jeremy Bailenson von der Stanford University hat folgende Möglichkeiten zusammengefasst:

    • Aufhören, dich selbst am Bildschirm anzuschauen. Ständig dein Spiegelbild zu betrachten kann zu Stress führen. Wähle in den Videoeinstellungen „Selbstansicht ausblenden“ durch einen Rechtsklick auf das eigene Foto (sobald du siehst, dass dein Gesicht im Video richtig eingerahmt ist).
    • Dir selbst mehr Raum geben. Wir sind kognitiv leistungsfähiger, wenn wir nicht ständig still sitzen. Bei einem Videogespräch nah vor dem Bildschirm zu sitzen, kann einengend wirken. Schenk dir mehr Raum, indem du dich mit dem Laptop auch mal im Raum bewegst.
    • Die Gesichter auf dem Video-Bildschirm kleiner machen. Zu viel Blickkontakt in Nahaufnahme kann intensiv sein. Verkleinere das Video-Fenster, um die Gesichtsgrösse zu minimieren, das schenkt ein wenig Distanz.
    • Deine Kamera während längerer Besprechungen ab und zu mal ausschalten und dich vom Bildschirm abwenden (wenn es die Video-Situation erlaubt).

 

Achtsamkeitstraining für Mitarbeiter

MINDFULMIND ist Teil der Vision, dass Meditation als Instrument und Achtsamkeit als Haltung in der Gesundheitsförderung von Schweizer Unternehmen Eingang findet – am Arbeitsort und im Home-Office. Wir möchten vor allem auch KMU ansprechen, die mit bereits einem relativ kleinen Budget einen ersten Schritt tun können. Dafür haben wir das praxisorientierte und ganzheitliche Achtsamkeitstraining MINDFULWORKS sowie ein aufbauendes Achtsamkeitsprogramm entwickelt – zum Wohle der Mitarbeiter und des Unternehmens.

 

 

Reto

 


Reto Weishaupt
ist Meditationslehrer und Achtsamkeitscoach bei MINDFULMIND. Meditation ist für ihn ein starkes Instrument, das er zur Geistes- und Herzensschulung gerne weiter gibt – undogmatisch, säkular und frei von Ideologie. „It’s all about cultivating mind and heart.“

 

 

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