MINDFUL MONDAY (103) von Reto Weishaupt

Alleine sein ist nicht dasselbe wie sich einsam fühlen. Es ist die innere Haltung, die einen grossen Einfluss auf unser Erleben hat, so auch beim Thema Einsamkeit und Alleinsein. Die gute Nachricht ist, diese innere Haltung können wir beeinflussen.

Auf dem Internetportal Ron Orp findet seit August 2019 in einem Online-Forum eine Diskussion über einsam sein und allein sein statt. Es wird darüber diskutiert, was einsam sein heisst, welche Formen und Ausprägungen es gibt, wie wir damit umgehen und was wir daraus lernen können.

Einer der Posts hat mich sehr angesprochen. Er beschreibt, dass du Sylvester ganz bewusst mit dir selbst verbringen kannst und dass diese auf den ersten Blick unattraktive Möglichkeit sehr viel Positives mit sich bringt. Ich möchte nachfolgend ein paar Elemente daraus mit meinen eigenen Überlegungen dazu teilen.

„Du bist so lange einsam, bis du lernst allein zu sein.“
– Olli Schulz

 

Nur Gedanken

Sylvester alleine verbringen kann dir schwer fallen. Vielleicht kommen verurteilende und selbstsabotierende Gedanken auf wie „Was wohl die anderen von mir denken?“ oder „Bin ich so langweilig geworden?“. Versuche alle unheilvollen Gedanken wahrzunehmen, anzunehmen, kurz in Kontakt damit sein und wieder loszulassen (RAIN). Es sind nur Gedanken. Gedanken sind nicht immer wahr und nicht die einzige Realität. Du hast Gedanken, aber du bist nicht deine Gedanken. Gedanken sind nur ein Teil von dir. Du verfügst über Gedanken, aber sie sind nicht das, was dich ausmacht, sie sind nicht das, was du bist.

Was tut mir gut?

Werde dir klar, was du dir selber Gutes tun möchtest am letzten Tag des Jahres. Was brauchst du an Sylvester, was schenkt dir Freude, Zuversicht und Energie? Hierbei kann helfen, wenn du dir einige Momente der Stille schenkst. Setz dich für einige Minuten hin und lausche resp. horche in dich hinein. Zuerst durch Atembeobachtung in deinem Körper ankommen, dann den inneren Fokus öffnen und weiten. Stell dir dabei vor, du bist ganz präsent und empfänglich für Eingebungen, was dir nun gut tun würde. Was taucht auf?

Vielleicht taucht auch nach einigen Minuten wenig Konstruktives auf. Das ist auch völlig in Ordnung. Dann findest du vielleicht in den folgenden Zeilen Ideen oder Inspiration, was du dir an Sylvester gönnen möchtest:

  • In deiner Wohnung mehrere Kerzen anzünden. Oder falls du ein Cheminée hast, mache ein schönes Feuer. Was macht das warme Licht mit deinem Gemüt?
  • Materielles in deiner Wohnung ausmisten. Welche Dinge hast du schon länger nicht mehr benutzt und könntest du weggeben? Dinge loslassen schafft äusserlich Raum, der dir womöglich hilft auch im Innen Geräumigkeit und Weite einzuladen.
  • Ein duftendes heisses Bad nehmen. Wie fühlt sich das heisse Wasser auf deiner Haut an?
  • Schöne Musik laufen lassen. Vielleicht erstellst du eine Sylvester-Playlist, falls dir das Freude macht. Die Klänge auf dich wirken lassen. Dich hinsetzen und einfach mal ein ganzes Lied (oder mehrere) hören. Nur zuhören und bei den Klängen verweilen.
  • Dir ein Glas Wein oder eine Tasse Lieblingstee gönnen. Achtsames Trinken üben. Wie schmeckt das Getränk in deinem Mund? Wie fühlt es sich an? Präsent, interessiert und ganz bei der Empfindung sein.
  • Dir etwas Feines liefern lassen oder selber kochen. Achtsam Essen. Ganz dabei sein beim Essen. Wie sieht es aus? Wie riecht es? Wie schmeckt es auf deiner Zunge, in deinem Mund?
  • Tagebuch schreiben, evtl. mit Fokus Dankbarkeit oder mit Wünschen für das nächste Jahr. Für was bist du dankbar? Was ist dir wichtig, von dem du dir mehr in deinem Leben wünschst? Was möchtest du gehen lassen?
  • Dinge oder Verhaltensweisen des aktuellen Jahres auf Zettelchen schreiben und diese dann verbrennen. Mit diesem Ritual kannst du bildlich und mental Altes loslassen, was dir nicht mehr dient.
  • In eine Metta-Meditation, Meditation der liebevollen Güte, oder in eine etwas längere Vipassana-Meditation eintauchen. Dabei kann dir eine geführte Meditation (in Schweizerdeutsch) helfen.
  • Ein gutes Buch lesen. Dir Zeit schenken für eine Geschichte.
  • Einen guten Film schauen. Auf der Website Filme für die Erde findest du eine tolle Auswahl aus Filmen mit Tiefgang, teilweise auch kostenlos.
  • Ganz bewusst ein paar wenige Nachrichten schreiben an deine Liebsten. Z.B. einfach nur danke sagen und deine Verbundenheit ausdrücken. Das kann auch nur ein SMS mit einem Satz sein.
  • Beim Schlafengehen dir wieder mal ganz bewusst werden, welches Privileg es ist, am leben zu sein als Mensch in der Schweiz mit all den Möglichkeiten. Die Natur, die Lebewesen, der Körper, der Atem, der Geist, die Seele. Wir sind so reich beschenkt, machen wir das Beste draus. Gute Gedanken, Gute Gefühle, Gute Taten.

So verbringst du den Sylvester mit einer dir sehr lieben Person. Wahrscheinlich mit der wichtigsten Person in deinem Leben. Du triffst dich mit dir selbst und lernst dich ein ganz klein bisschen besser kennen.

Ich wünsche dir einen bewussten, sanften und liebevollen Sylvester und einen kraftvollen Start ins neue Jahr. Mögest du glücklich sein.

Reto

 

P.S. Falls du doch noch raus möchtest – alleine – und in Bern wohnst kann ich dir zwei meditative Sylvester-Veranstaltungen in der Stadt Bern empfehlen. Einfach hingehen und wahrnehmen, was das mit dir macht.

  • 22:30 – 23:30 Uhr Meditation mit 108 Glockenschlägen zum Jahresende mit Marco Genteki Röss im Haus der Religionen.
  • 17:00 – 18:00 Uhr Musik der der Stille – Jahres-AusKlang-Meditation im Klangkeller mit Monica Cloetta und François Berdat, zwei ganz liebevolle Menschen.

 

 


Reto Weishaupt
ist Meditationslehrer und Achtsamkeitscoach bei MINDFULMIND. Meditation ist für ihn ein starkes Instrument, das er zur Geistes- und Herzensschulung gerne weiter gibt – undogmatisch, säkular und frei von Ideologie. „It’s all about cultivating mind and heart.“

 

 

 

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